Giersch

Gärtners „Liebling“ – der Giersch

Beim Giersch (Aegopodium podagraria) scheiden sich die Geister. Für mich zählt er zu den absoluten Lieblingspflanzen. Für viele Menschen, die einen Garten bewirtschaften, wird er in der Regel eher als eine Art Albtraum empfunden. Leider teilen dieses Schicksal auch andere Wildpflanzen mit ihm, was sehr schade ist. Denn der Giersch hat allerhand Gutes für uns zu bieten… Ja, er hat eine enorme Kraft und Ausbreitungstendenz. Wenn er sich einmal angesiedelt hat, ist er da und bleibt es in der Regel auch. Er verbreitet sich mit seinen Wurzeln bzw. vielen Ausläufern unterirdisch und nimmt – wenn er sich wohl fühlt – schnell große Plätze ein. Wenn er sich dabei zwischen die mehrjährigen Blumenstauden quetscht, ist er kaum wieder wegzubekommen. Wenn dort gejätet oder gehackt wird, bleiben kleine Wurzel-Stückchen im Boden und daraus wachsen schnell neue Pflänzchen heran. Bevor man sich nun ständig über den Giersch ärgert und allerhand Bekämpfungsmethoden probiert, ist es aus meiner Sicht doch eher sinnvoll, Frieden mit dieser Pflanze zu schließen. Die beste Möglichkeit dafür ist es, die Vorzüge vom Giersch kennenzulernen und ihn soweit es geht, kulinarisch zu verwenden – sprich „zu essen, statt zu jäten“.

Der Giersch ist nach dem Schriftsteller Jürgen Dahl ein „wartungsfreies und unentwegt nachwachsendes Dauergemüse“. Und das kann doch auch wunderbar sein: ein Gemüse, dass einfach geerntet werden kann, ohne dass vorher gesät, angebaut oder gepflegt werden muss. Perfekt!

Und, dieses Gemüse hat es in sich. Er punktet mit sehr viel Vitamin C (Zitronen schauen neidisch auf ihn), mit Provitamin A, wertvollen Eiweißen und reichlich Mineralien sowie Spurenelementen wie Eisen, Kupfer, Mangan, Bor und anderen. Unsere üblichen Kulturgemüse bleiben in Sachen Inhalt & Kraft deutlich hinter dem Giersch zurück.

Alte Namen für den Giersch sind auch Zipperleinskraut, Gichtkraut oder Podagrakraut. Er wurde – wie diese Namen verheißen – in der Volksheilkunde für allerlei „Zipperleins“ von Gelenkschmerzen, Gicht, Lähmungen bis zu Krämpfen aller Art eingesetzt. Auch bei Insektenstichen, Verbrennungen, Ischias oder Rheuma fand er als äußere Auflage in Form von Wickeln und Breiumschlägen Verwendung.

Gut ist es allerdings, gar nicht erst solche „Zipperleins“ zu entwickeln, sondern den Giersch einfach als stärkendes und gesund erhaltendes „Gemüse“ zu verwenden. Dafür bietet er sich mit seinem Aroma, das irgendwo zwischen Möhre, Petersilie und Sellerie liegt, hervorragend an. Besonders die jungen, zarten Blätter (die noch ein wenig zusammengefaltet sind) eignen sich für Salate und Rohkost. Zarte Blätter vom Giersch stehen fast das ganze Jahr zur Verfügung, wenn der Giersch entweder immer wieder geerntet wird oder einfach mal abgeschnitten oder abgemäht wird. Dann treibt er verlässlich wieder aus und stellt uns junges, saftiges Grün zur Verfügung. Die Blätter eignen sich als Aromageber in Wildpflanzenlimo oder Bowle, sie können unterschiedliche Gemüsegerichte verfeinern, ergeben einen feinen Spinat oder bereichern (Wildkräuter)suppen, sie ergeben leckere Füllungen in Gemüsestrudel oder Gemüsetaschen, Bratlingen usw. Aufgrund seines aromatischen Geschmacks kann er unzähligen Gerichten beigegeben werden oder einfach mit anderen Kräutern gemischt aufs Brot gegessen werden. Natürlich passt er gut in einen Kräuterquark oder -dip, kann als Tee verwendet werden und sogar süße Speisen bereichern. Er passt zum Beispiel in grüne Desserts oder Energiebällchen. Die Liste, wie Giersch unsere Küche und damit unsere Gesundheit bereichern kann, ist unendlich lang und hier sind Eurer Kreativität natürlich keine Grenzen gesetzt.

Neben der Verwendung des frischen Krauts können die Blätter getrocknet z.B. in Wildkräutersalze gegeben werden. Und natürlich sind die (Dolden)Blüten sowie die Samen des Giersch aromatisch und in der Küche verwendbar. Die Blüten ergeben eine hübsche Dekoration in Salat- und Rohkostspeisen, sind aber auch ein hervorragender Aromageber in Wildpflanzenlimonade, in Kräuterölen und -essigen. Ganze Blütenstände können in Teig ausgebacken werden. Und wenn sich dann im Spätsommer die Samen zeigen, können diese als Aroma (wie auch die Blüten) oder als Brotteigbeigabe verwendet werden.

Also, nix wie ran an den Giersch! Wichtig ist es allerdings, den Giersch genau zu erkennen. Er zählt zur Familie der Doldenblütler und da gibt es einige giftige Vertreter. Wenn Ihr Euch diesbezüglich unsicher seid, empfehle ich, eine Kräuterführung mitzumachen, um die typischen Erkennungsmerkmale direkt an der Pflanze und in seiner natürlichen Umgebung kennenzulernen.

Und hier zum Einstimmen auf die „Gierschparty“ ein Rezept aus dem Buch „Wilde Köstlichkeiten“ von Margarete Vogl:

Gierschbaguette mit Kräuterbutter

 Zutaten für den Teig: 50g Giersch / 350ml Sahne-Wasser-Gemisch / 1 Päckchen Hefe / 2 TL Kräutersalz / 150g Käse, gerieben / 300g Weizen und 200g Dinkel, frisch gemahlen

Zusätzlich: 2 EL Sahne / 50g Käse, gerieben / etwas Streumehl / Kräuterbutter / 1 Handvoll Mungbohnen, gekeimt

Zubereitung: Giersch fein hacken oder pürieren. Hefe in der Flüssigkeit auflösen. Den Giersch, das Kräutersalz und den Käse unterrühren. Zuletzt das Vollkornmehl unterkneten. Den Teig ca. ½ Stunde ruhen lassen. Nochmal durchkneten und 4 Stangen daraus formen. Diese auf ein gefettetes Backblech legen, mit Sahne bepinseln und Käse bestreuen. Wieder kurz gehen lassen (ca. 10 Minuten) und bei 220°C ca. 25 Minuten backen.

Nach dem Backen abkühlen lassen. Das Baguette in Scheiben schneiden, mit der Kräuterbutter bestreichen und mit gekeimten Mungbohnen dekorieren.

Ich wünsche Euch viel Freude mit dieser wunderbaren Pflanze und guten Appetit!