Die Nachtkerze (Oenothera biennis) entfaltet – wie der Name schon verrät – ihre ganze Schönheit am Abend, wenn sich einzelne gelben Blüten am hohen, kerzenförmigen Stängel, innerhalb weniger Minuten entfalten. Es ist ein schönes Schauspiel, dass sich von Juni bis September jeden Abend wiederholt. Die Blüten verströmen nach dem Öffnen einen wunderbaren Duft, der dem einer Weinblüte ähnelt. Nachtkerzen sind zweijährige Pflanzen, die im ersten Jahr nur eine Blattrosette ausbilden und daher anfangs sehr unscheinbar sind. Erst im zweiten Jahr wächst aus dieser Blattrosette ein hoher gerader Stängel, an welchem sich ab Juni die besagten wunderschönen gelben Blüten nach und nach – bis in den Herbst hinein – bilden. Die Blüten werden meist sofort nach dem Öffnen von zahlreichen Nachfaltern und Insekten besucht. Eine einzelne Blüte entfaltet ihre Schönheit nur für eine Nacht. Am nächsten Vormittag/Mittag schließt sie sich wieder, um dann schon bald abzufallen und einer Samenkapsel Platz zu machen, die anfangs grün und mit zunehmender Reife braun aussieht. In jeder dieser Samenkapseln, die sich an den langen Stängel anschmiegen, reifen bis zu 200 kleine dunkle Samenkörnchen heran, die uns viel Gutes tun können. Aus ihnen wird das Nachtkerzenöl gewonnen, welches wir käuflich erwerben können. Dieses Nachtkerzenöl ist reich an gesättigten und ungesättigten Fettsäuren, darunter auch Gamma-Linolensäure, welche mehrfach ungesättigt und essentiell ist. Sie ist relativ selten in Pflanzen zu finden. Nachtkerzenöl hat eine antientzündliche, immunstärkende und antiallergische Wirkung und wird daher innerlich und äußerlich bei Neurodermitis, Ekzemen, Akne aber auch Arthritis und Leberschäden eingesetzt. Außerdem beeinflusst es den Cholesterinwert sowie den Blutdruck positiv. Damit haben diese kleinen unscheinbaren Samen ein nicht zu unterschätzendes gesundheitliches Potenzial.
Jetzt ist die passende Zeit, um auch selbst aktiv zu werden und die zahlreichen kleinen Samen zu sammeln. Dazu können die Stängel mit den Samenkapseln einfach abgeschnitten werden und vorsichtig in ein sauberes Gefäß (am besten mit dem Kopf nach unten) gelegt werden. Dabei fallen schon viele Samen heraus. Die restlichen Samen können leicht ausgeschüttelt werden.
Wir müssen die Samen auch nicht unbedingt zu Öl pressen, um gesundheitlich davon zu profitieren, sondern können sie einfach so kauen oder über das morgendliche Frühstück streuen. So können wir – wenn wir jetzt sammeln – über den Winter davon profitieren und unsere Selbstheilungskräfte stärken.
Aber nicht nur die Samen stimulieren unserer Gesundheit, sondern auch die Blätter, Blüten und Wurzeln sind essbar und wertvoll. Die Wurzel wird im ersten Jahr der Pflanze, wenn nur die Blattrosette vorhanden ist, von September bis März/April genutzt. Dann ist sie noch zart und steckt voller Mineralien und weiterer sekundärer Pflanzenstoffe. Sie hat am Ansatz eine rötliche Verfärbung und wurde früher auch als „Schinkenwurz“ (Schinken des armen Mannes) bezeichnet. Als kraftspendendes Gemüse wurde sie sehr geschätzt. Sie kann einfach in Scheiben geschnitten und roh geknabbert werden. Aber auch gekocht oder gebacken für Gemüsegerichte sowie für Eintöpfe und Suppen ist sie hervorragend geeignet.
Die Blätter (ebenfalls vor der Blüte) bereichern zum Beispiel Salate, Kräuterbutter, Kräuterdips, Spinat oder Suppen. Sie haben u.a. eine blutreinigende Wirkung und können auch als Tee genutzt werden.
Die Blüten machen sich sehr gut als Deko in Salaten und passen in Blütenbutter, verschiedene Blütenbällchen usw.. Außerdem lassen sie sich gut füllen und sind so neben dem kulinarischen Genuss ein Augenschmaus.
Und last but not least können auch die Blütenknospen verwendet werden. Sie lassen sich zum Beispiel als falsche Kapern einlegen oder auch fermentieren. Außerdem können sie einfach fein geschnitten aufs Brot oder in warme Gerichte gegeben werden. Der Kreativität sind mit der Nachtkerze keine Grenzen gesetzt…
So steht uns diese hübsche und vielseitige Pflanze mit ihren essbaren Pflanzenteilen fast ganzjährig zur Verfügung. Sie ist insgesamt recht anspruchslos und lässt sich leicht im Garten ansiedeln. Wenn sie einmal da ist, sät sie sich meist selbst wieder aus und erfreut uns jedes Jahr aus Neue.